Testkunde bei den Stadtwerken

Im letzten Beitrag habe ich etwas über die Erfahrungen bei der Beauftragung und Bereitstellung meines Testanschlusses von den Stadtwerken berichtet. So richtig rund lief die Sache leider nicht und erst nachdem ich bei mir am Hausanschluss selbst die Schaltung auf Verdacht durchgeführt habe, lief das Ding dann. Naja, das geht besser und kann es eigentlich nicht sein. Auch, dass der Termin im Vorfeld nicht bekannt war, ist nicht optimal. Doch abgesehen davon: Was leistet der Anschluss nun wirklich?

Da hier ein Telekom-Anschluss auf der L2-Bistreamaccess-Plattform wiederverkauft wird, wird Standardkost angeboten. In dem Fall also VDSL2 mit Vectoring. Aufgrund der sehr kurzen Leitungslänge von ca. 100 Metern kommt die bestellte Geschwindigkeit auch voll an. Aufgrund des Alters des Telefonnetzes in meinem Wohngebiet kommen Papierkabel vom MSAN bis zum APL zum Einsatz, der Querschnitt ist jedoch nicht bekannt. Der MSAN ist übrigens eine Huawei-Kiste. Lasst das nur nicht Trump wissen. Als Ausgleich geht's weiter zum Juniper-BNG in Kirchheim/Teck, der KIRJ00. Weil es ein L2-BSA-Anschluss ist, wird der Verkehr auf Layer 2 am BNG ins Netz der Stadtwerke ausgeleitet. Aber doch nicht so schnell! Eins nach dem anderen.

Speed! Speed! Speed?

Wie schnell ist der Anschluss nun eigentlich!? DSL ist berühmt-berüchtigt dafür, dass man zwar den vollen Preis bezahlt, aber nicht die volle Leistung bekommt. Das hängt ja nun leider von vielen Faktoren ab. Leitungslänge und Leitungsdaten wie Querschnitt sind wohl die wichtigsten Faktoren. Aber auch der Beschaltungsgrad spielt eine Rolle. Je mehr DSL-Anschlüsse in einem Kabel geschaltet sind, umso geringer wird die Reichweite. Ich bin aber in der glücklichen Situation, dass die Leitung wie gesagt mit ca. 100 Meter recht kurz geraten ist. Am Tag der selbstgemachten Schaltung sah der Sync also so aus:

Der Download sah gut aus, der hauptsächlich genutzte o2-Anschluss kam im Upload jedoch auf volle 42 Mbit. Irgendwo gingen also ca. 10 Mbit verloren. Jetzt kann man sagen, das sei Jammern auf hohem Niveau, aber dem nicht nachzugehen wäre irgendwie auch langweilig. Und hier sieht man auch sehr schön, wie empfindlich die DSL-Technik auf externe Einflüsse reagiert.

Ich habe mich erstmal dafür entscheiden, die ganze Sache ein paar Tage zu beobachten. Auffällig war zunächst, dass die Leitung recht häufig neu synchronisierte. Der Fehler für CRC-Fehler tickte kontinuierlich nach oben. Dies sind Fehler, die von der Fehlerkorrektur nicht behoben werden können. Die Fritzboxen bieten darüberhinaus an, sich das Spektrum der Leitung anzuschauen. Hier wird die Signalqualität über den kompletten Frequenzbereich dargestellt.

Auffällig ist, dass das Spektrum wellig ist und viele Zacken aufweist. Die Ursachen können vielfältig sein. Vom externen Störer wie bspw. Powerlineadapter oder defekte Netzteile von LED-Lampen oder Ladegeräten bis hin zu Fehlern in der Verkabelung wie Parallelschaltungen kann alles dabei sein. Das Spektrum in diesem Fall weist auf eine Parallelschaltung hin. Das bedeutet, dass die Verkabelung irgendwie einen Abzweig hat und dann noch eine zweite TAE-Dose parallel angeschalten ist. Dies sorgt für Reflexionen des Signals.

Fehlersuche

Welches Vorgehen bietet sich nun als erstes an? Ob ein Fehler in der Hausinstallations vorhanden ist lässt sich unkompliziert herausfinden, indem man das DSL-Modem direkt am APL der Telekom im Keller oder an der Hauswand anschließt. Dazu muss dieses kleine Kästchen offen zugänglich sein. Angemerkt werden muss jedoch auch, dass man als unberechtigte Person nichts daran verloren hat. Dieser Kasten liegt in der Domäne der Telekom und nur von ihr zugelassene Personen dürfen da dran "herumfummeln". Das hat schon seinen guten Grund. Ihr könntet bspw. den Anschluss eures Nachbarn lahmlegen. Das ist nicht witzig!

Die Bauformen der APL sind vielfältig. Es kommen im Netz der Telekom durchaus noch Vorkriegsmodelle vor, die mit Reichspost beschriftet sind. Aufgrund ihrer Bauweise und der vergossenen Anschlüsse sind diese jedoch sehr langlebig und nicht problematischer als moderne Modelle. Problematisch können jedoch durchaus korrodierte Schraubklemmen sein. Es gibt einen Wikipedia-Artikel, der eine kleine Übersicht der eingesetzten Modelle bietet. Bei mir kommt der folgende APL bzw. Endverzweiger zum Einsatz:

Ein Licht geht auf

Was hab ich nun gemacht? Ich habe an den Klemmen meines Testanschlusses ein wenige cm langes Kabel mit TAE-Dose angeklemmt und per "Signaturkabel" die Fritzbox angeschlossen. Das nun folgende Ergebnis war leicht verstörend. Zuerst synchronisierte die Fritzbox mehrmals neu und landete am Ende in einem VDSL-Rückfallprofil mit ca. 9 Mbit im Download. Nach einem Tausch des Signaturkabels sah das ganze dann schon wesentlich besser aus:

Die Syncwerte sehen nun ziemlich gut aus. Down- und Upload erreichen nun die jeweiligen Maximalwerte. Was auffällt: Bisher waren die Höchstgrenzen bei den 100 Mbit-Anschlüssen 110 Mbit im Download und 42 Mbit im Upload. Die Telekom ändert dies seit wenigen Monaten auf 116 Mbit bzw. 46 Mbit, damit bei Speedtests die Nettoübertragungsraten höhere Werte erreichen und besser aussehen. Bei diesem neuen Anschluss sind also die aktuellen Profile bereits aktiv. Doch wie sieht das Spektrum aus?

Sieht auch gut aus. Besser als die alten Werte. Damit steht fest, dass der Wurm in der Hausinstallation steckt. Da ich in einer Mietwohnung wohne, ist die Behebung von Fehlern im Hausnetz so eine Sache. Eigentlich ist das die Sache des Vermieters. Aber ich bin nicht dazu da, mich zurück zu lehnen. Also geht's los.

Topologie eines alten Hausnetzes

Wie besprochen endet die Telekomleitung im APL. Von dort aus verläuft ein Kabel zu einem weiteren Unterverteiler im Keller. Hier wechselt die Leitung auf eine andere Kabelart und verläuft nun im Treppenhaus ins Erdgeschoss. Dort gibt es einen weiteren Unterputzverteiler, in dem die Kabelart wieder wechselt und in die Wohnung läuft. Diese beiden offensichtlichen Unterverteiler habe ich geöffnet und die Verbindungen zwischen den Kabeln neu gemacht. Dabei kamen Scotchlock-Verbinder zum Einsatz:

Doch nun erstmal einen Schritt zurück: Was bedeuten denn diese unterschiedliche Kabeltypen? Im Netz der Telekom kommen in der Regel bündelverseilte Kabel zum Einsatz. In Häusern sind das dann bspw. Kabel mit zwei Doppeladern in der Ausführung J-2Y(ST)Y:

Das beduetet, man hat vier Adern in dem Kabel, von denen alle rot sind, aber mit unterschiedlichen Ringen markiert sind. Diese Kabel eignen sich von den elektrischen Werten am besten für VDSL. In unserem Haus kommt sowohl diese Art zum Einsatz als auch eine günstigere, gerne von Elektrikern verwendete Art. Dieser Kabeltyp nennt sich J-Y(ST)Y und ist lagenverseilt:

Dieser Typ findet sich im ersten Abschnitt zwischen APL und erstem Unterverteiler sowie zwischen Etagenverteiler im Erdgeschoss und TAE in der Wohnung. Den ersten Abschnitt habe ich gegen J-2Y(ST)Y getauscht. Hat sich das auf die Syncwerte ausgewirkt? Nicht wirklich. Also bin ich nochmals auf die Suche gegangen und habe in der Wohnung einen weiteren Unterputzverteiler gefunden. Zwischen Etagenverteiler und diesem neu gefundenen Verteiler konnte ich das Elektrikerkabel gegen ein Telekomkabel tauschen und bin nochmals die Verbinder durchgegangen. Nun kam dieser Sync zustande:

Und das Spektrum zeigte sich derart:

Nun konnte ich wirklich zufrieden sein! Im Download kam weiterhin Vollsync mit massiven Reserven zustande, im Download fehlen 2 Mbit zum Vollsync, was für mich jedoch verschmerzbar ist. Nach einer Fehlersuche und -behebung sind die Leitungsdaten also erheblich besser geworden.

Weiter geht's auf Layer 3

Auf Layer 1 habe ich nun also für bestmögliche Bedingungen sorgen können. Der Bereich lag nun zugegebenermaßen weder im Einflussbereich der Stadtwerke noch der Telekom. Allerdings entstört die Telekom bei gesonderter Beauftragung kostenpflichtig das Hausnetz. An der Stelle kann also ein technisch weniger versierter Kunde ansetzen, der bereit ist, für diese Leistung Geld auszugeben. Dagegen spricht eigentlich nichts. Wer arbeitet schon gerne für umsonst?

Aber wie sieht das ganze auf Layer 3, also auf direkter IP-Ebene aus? Auf der Ebene, auf der die Daten unmittelbar zwischen Computer und Diensteanbieter übertragen werden. Das ist vereinfacht ausgedrückt, reicht aber aus. Die Telekom sowie andere Reseller setzen noch immer auf PPPoE. Das bedeutet, man benötigt noch immer Benutzername und Kennwort, um die Internetverbindung herzustellen. Tecnisch gesehen wäre es nicht mehr nötig, da die Kunden über den Port identifiziert werden. Im Prinzip wie früher das analoge Telefon. Das Telefon wurde eingestöpselt und war sofort über die vergebene Nummer erreichbar. Bei abgehenden kostenpflichtigen Gesprächen wusste der Telefonanbieter auch sofort, wem er die Rechnung zu schicken hat. PPPoE ist also ein bisschen ein Anachronismus, zumal die Telekom auch an ihren FTTH-Anschlüssen darauf setzt.

Keine Zugangsdaten!?

Bei den Stadtwerken läuft es etwas anders. Der Router bezieht seine IP-Adresse per DHCP vom Provider, Zugangsdaten werden somit keine benötigt:

[Hier fehlt ein Screenshot]

Der Router muss also DHCP unterstützen. Vor dem Hintergrund der Routerfreiheit ist das natürlich ein bequemer Weg. Dem Kunden brauchen keine Zugangsdaten geschickt zu werden. Er muss dieses Detail nur kennen. Dank fehlender Auftragsbestätigung oder Konfigurationsanleitungen muss man in der vorkonfigurierten Fritzbox nachsehen und verstehen, was vor sich geht. Also ein guter Ansatz, es fehlt aber an Infos.

In diesem Detail findet sich eine Unterscheidung zu Anschlüssen, die die Stadtwerken direkt auf eigener Hardware produzieren (in Raidwangen, Reudern, Neckarhausen und Frickenhausen). Hier kommt wie gehabt das PPPoE-Protokoll samt nötiger Zugangsdaten zum Einsatz. Außerdem werden die Anschlüsse über unterschiedliche Dienstleister produziert. Die auf eigener Technik geschalteten Anschlüsse werden über net services GmbH & Co. KG (AS42965) abgewickelt. Hier bekommt der Router auch eine eigene öffentliche IP-Adresse, ist also "von außen" erreichbar. Die auf Telekom-Technik geschalteten Anschlüsse werden über Thüga SmartService GmbH (AS198726) abgewickelt. Verständlich ist das zwar grundsätzlich vor dem Hintergrund, dass beide Dienstleister nicht sehr viele IP-Adressen zugeteilt bekommen haben. Die net service hat aktuell 25.600 IP-Adressen zugeteilt. Bei Thüga sind es aktuell 18.944 Adressen. Aus diesem Pool können den Einwahlkunden also Adressen zugewiesen werden. Für den Anschluss auf Telekomtechnik lässt sich laut aktuellem Auftragsformular allerdings eine öffentliche IP-Adresse buchen. Die nachträgliche Bereitstellung hat an meinem Testanschluss jedoch nicht mehr geklappt. IPv6-Präfixe bekommt man an beiden Anschlüssen nicht, obwohl beide technische Dienstleister IPv6-Präfixe zugeteilt bekommen haben.

Hinter dem Router geht's weiter...

...aber wie? Thüga weist dem Kundenrouter wie beschrieben eine private IPv4-Adresse zu. Konkret ist das eine Adresse aus dem 10.0.0.0/8-Netz. Diese Adressen werden im öffentlichen Internet nicht geroutet und stehen ausschließlich internen Netzen zur Verfügung. Wer eine Fritzbox zuhause hat, weiß, dass seine Computer, Smartphones, Tablets und smarte Kühlschränke eine Adresse bekommen, die mit 192.168.178 beginnen. Dies ist ebenso ein privates Netz, das im öffentlichen Internet nicht geroutet wird. Damit die Geräte im privaten Heimnetz durch die Fritzbox nach draußen ins große, weite Internet kommen, muss die Fritzbox diese privaten Adressen in eine öffentliche Adresse übersetzen und dann auf dem Rückweg wieder zurück. Man kann sich das wie eine Hauspost vorstellen. Man schickt einen Brief an eine bestimmte Person in einer Firma. Die Post stellt diesen Brief dann an den öffentlichen Briefkasten am Eingang zu. Die Hauspost leert diesen Briefkasten und verteilt die an die öffentliche Adresse geschickten Briefe intern weiter. Diese Adressübersetzung macht Thüga im großen Maßstab. Hier sind die Kundenrouter zu einem großen privaten Netz zusammengefasst. Damit die Rechner hinter diesen Kundenroutern ins große, weite Internet kommen, hat Thüga einen weiteren großen Router, der diese Adressübersetzung macht.

Fortsetzung folgt...?